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UKBB Kommunikation, 15.10.2020
Lange fehlte eine speziell für Kinder mit Trisomie 21 ausgerichtete Sprechstunde in der Schweiz. Entwicklungspädiater Dr. med. Mark Brotzmann hat Anfang 2019 die erste dieser Art in der Deutschschweiz mit ins Leben gerufen. Was es damit auf sich hat, hat er uns anlässlich des «Down Syndrome Awareness»-Monats Oktober erzählt.
Interview von Deborah Wallrabenstein
Bild: iStock/Tatiana Dyuvbanova
Herr Brotzmann, in der
Vorbereitung auf dieses Gespräch ist uns aufgefallen: Nicht-Betroffene kennen
zwar die Begriffe Trisomie 21 oder Down-Syndrom, wissen sonst aber sehr wenig darüber.
Können Sie uns Laien kurz updaten?
Aber gern! Trisomie 21 oder Down-Syndrom sind schon mal die korrekten Begriffe. Bitte sagen Sie nicht «Downy», auch wenn ihn Betroffene manchmal selber verwenden. Und «Mongoloide» wäre wirklich diskriminierend. Namensgebend für die Bezeichnung «Down-Syndrom» war übrigens John Langdon Down, ein britischer Arzt aus dem 19. Jahrhundert. Und von einer «Trisomie 21» spricht man deshalb, weil die Anomalie das Chromosom 21 in den Körperzellen betrifft. Wir haben es also mit einer genetischen Erkrankung zu tun, wobei das Chromosom 21 dreifach in unseren Köperzellen vorhanden ist und nicht nur zweifach, wie dies normalerweise der Fall ist. Dies ist zumeist die Folge einer fehlerhaften Chromosomenübertragung bei der Vereinigung des mütterlichen und väterlichen Erbguts, also bei der Verschmelzung von Eizelle und Sperma im Uterus.
Wie wirkt sich diese Anomalie
bei einem Kind aus?
Im
Wesentlichen hat sie zur Folge, dass die Kinder in ihrer geistigen,
körperlichen und motorischen Entwicklung auffällig oder eingeschränkt sind. Hinzu
kommt ein bestimmtes Aussehen, das sicher vielen bekannt ist: Eher klein
gewachsen, ein breiter Nacken, weit auseinanderstehende, mandelförmige Augen
und eine breite Nasenwurzel, um nur einige typische Merkmale zu nennen. Was vielleicht nicht so bekannt ist wie das
Aussehen, sind die häufig auftretenden Probleme mit den Augen, dem Magen-Darm-Trakt
und der Schilddrüse sowie schwerwiegende Herzfehler. Früher hatten Betroffene insbesondere
deswegen eine tiefe Lebenserwartung von nur 20 bis 30 Jahren. Heute können sie
dank besseren Operationstechniken bis zu 70 Jahre alt werden.
Gibt es eigentlich unterschiedliche
Schweregrade beim Down-Syndrom?
Grundsätzlich
können die Auswirkungen der Trisomie 21 individuell sehr unterschiedlich
ausgeprägt sein. Etwa 95 Prozent der Fälle haben eine sogenannt freie Trisomie 21.
Dabei befindet sich das überzählige Chromosom in allen Körperzellen. Diese
Kinder entwickeln sich sehr unterschiedlich schnell. Aber das trifft ja auch
auf Nichtbetroffene zu. Die übrigen rund fünf Prozent haben eine «Mosaik-Trisomie»,
bei der nicht alle Zellen von der Anomalie betroffen sind. Diese Kinder sind weniger
auffällig, weniger eingeschränkt – sowohl kognitiv als auch sprachlich. Bei
manchen erfolgt darum auch erst mit drei bis fünf Jahren eine Diagnose.
Seit Anfang 2019 hat das UKBB
nun eine Sprechstunde Trisomie 21. Wie kam es dazu?
Trisomie
21 ist keine seltene Krankheit. Die Frage, wo all die Kinder eigentlich
behandelt werden, trieb Prof. Peter Weber, Leiter der Neuropädiatrie, und mich schon
länger um. Zumal aufgrund der vielen Begleiterkrankungen und der Forschungslage klar
war, wie wichtig eine langfristig gute Gesamtbetreuung ist. Heute wissen wir,
gerade weil Trisomie-21-Patient*innen viel älter werden, auch viel mehr über
die Spätfolgen. Zum Beispiel, dass viele Menschen mit Down-Syndrom an
Depressionen leiden und eine dementielle Entwicklung durchmachen. Wir stellten
fest: Zumindest in der Deutschschweiz gab es bis dahin schlicht keine
spezialisierte Sprechstunde, die regelmässig stattfand und einen
Informationsaustausch auf hohem Niveau ermöglichte.
Wie organisierten sich
betroffene Familien denn davor?
Bevor es
die Sprechstunde Trisomie 21 gab, mussten Eltern in Online-Foren, Elterninitiativen oder
Elternvereinen, wie zum Beispiel Insieme21 Hilfe suchen. Sie tauschten sich dort mit anderen
Betroffenen aus. Und wer es sich leisten konnte, fuhr nach Deutschland. Dort gibt
es längst spezialisierte Zentren. Insieme21 Schweiz, der führende Elternverein
in der Deutschschweiz für Eltern und Betroffene mit Trisomie 21, beanstandete
schliesslich, es könne ja nicht sein, dass ein reiches Land wie die Schweiz mit
hohen medizinischen Standards da kein eigenes Angebot habe. Das war eigentlich
der Startschuss. Heute erhalten wir Zuweisungen aus der ganzen Schweiz und ich
gehe frischgebackene Eltern oft auch direkt an, um Ihnen die Sprechstunde
bekannt zu machen.
Worum geht es im Wesentlichen
in Ihrer Sprechstunde Trisomie 21?
Wir wollen
Kinder und Familien von Anfang an bis ins 18. Lebensjahr begleiten und
sicherstellen, dass zum richtigen Zeitpunkt die nötigen Massnahmen getroffen
werden. Die Kinder sollen regelmässig die Untersuchungen erhalten, wie sie auch
nach internationalen Empfehlungen vorgesehen sind. Und natürlich auch die
notwendigen Therapien wie Ergotherapie, Physiotherapie, Heilpädagogik etc. Zu
unserer Arbeit gehört daher auch sehr viel Koordination.
Was bietet die Sprechstunde betroffenen Familien,
was ein niedergelassener Kinderarzt vielleicht weniger leisten kann?
Ein
einzelner Kinderarzt sieht im Jahr vielleicht ein bis zwei Kinder mit Trisomie
21. Ich dagegen gut fünfzig. Da hat man sicher einen etwas anderen Blick,
stellt andere Fragen und ist auch breiter vernetzt. Davon profitieren auch die
Familien. Sie erhalten eine adäquate Aufklärung und umfassende Beratung. Dies
auch bei juristischen Fragen oder mit Informationen, dass man IV beantragen
kann und was Organisationen wie www.procap.ch, www.proinfirmis.ch und www.insieme.ch für einen tun können. Aber der
einzelne Pädiater spielt dennoch eine entscheidende Rolle.
Inwiefern genau?
Auch wenn
wir im UKBB grundsätzlich alle Untersuchungen und Behandlungen anbieten, möchten
wir gleichzeitig alles, was geht, den niedergelassenen Kinderärzt*innen in
denjenigen Regionen abgeben, in denen die betroffenen Familien wohnen. Sie
kennen die lokalen Angebote am besten. Und die Familien haben schon so einen
hohen Aufwand mit Arztbesuchen, Therapien und Begleitungen. Sie sollen nicht
wegen jeder kleinsten Abklärung weite Wege reisen müssen. Dies gilt genauso für
andere Fachpersonen, auf welche die Familien angewiesen sind. Es macht wenig Sinn,
in Basel eine Spezialsprechstunde mit der Psychologin für ein Kind aus
Bellinzona anzubieten. Eine gute Vernetzung ist also entscheidend.
Wie gut ist die noch relativ junge Sprechstunde
bereits mit den anderen Disziplinen im UKBB verzahnt?
Die
Zusammenarbeit läuft hervorragend. Die erste Aufbaustufe ist abgeschlossen: Die
Kinder mit Trisomie 21, die zum Orthopäden müssten, können sich alle drei
Monate in der regulären Sprechstunde bei uns von einem untersuchen lassen. Die
Führung des Hauptfalls bleibt aber bei mir. Nach diesem Muster wollen wir
fortlaufend weitere Spezialist*innen hinzuziehen können. Zum Beispiel PD Dr.
med. Raoul Furlano mit seinem Gastroenterologie- und Ernährungsberatungs-Team
für Magen-Darm-Themen. Im nächsten Schritt geht es aber zunächst um die
Zusammenarbeit mit einer Ärztin aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Warum gerade mit der Psychiatrie?
Das Thema Sexualität ist bei
Kindern und Jugendlichen mit Trisomie 21 ein sehr wichtiges Thema. Insbesondere
geht es um Zustimmung beziehungsweise darum, sie vor Übergriffen zu schützen. Studien
zeigen mehrfach, dass Kinder mit kognitiven Einschränkungen besonders gefährdet
sind, da sie leicht eingeschüchtert werden können. Das müssen Eltern einfach
wissen, damit sie hellhörig werden, wenn sich ihr Kind auf einmal etwas anders
verhält. Andererseits
können dort auch auf Verhaltensauffälligkeiten aufgegriffen werden, wie
Aggressivität, aufbrausendes Verhalten, Defizite in der Impulskontrolle,
depressive Warnzeichen etc. Wichtig ist aber sicherlich auch die Begleitung und
Beratung der Eltern im Umgang und Zusammenleben mit einem allenfalls körperlich
und oder geistig entwicklungsverzögerten Kind/Jugendlichen.
Ihre Sprechstunde deckt also ein sehr weites
Themenfeld ab.
Wir
behandeln ja auch Kinder bereits ab dem dritten Lebensmonat für mindestens 18
Jahre. Das ist eine lange, gemeinsame Reise, und da begegnet man eben vielen
Themen. Neues Alter, neue Herausforderung. Und dabei wollen auch die Eltern gut
begleitet sein. Denn hochspezialisierte Medizin ist das eine, wie man den
Alltag bewältigen kann das andere. Vieles lässt sich da mit einfachen Mitteln
und handfesten Tipps lösen. Mit den Eltern spreche ich zudem viel darüber, wie
sie selber mit den chronischen Erkrankungen oder den kognitiven Einschränkungen
ihres Kindes umgehen können. Dafür sind sie sehr dankbar. Das zeigen uns die
vielen positiven Rückmeldungen, die wir erhalten.
Begegnen Ihnen
auch Eltern, die wahre Wunder erwarten? Zum Beispiel, dass ihr Kind von Ihnen
geheilt wird?
Die meisten haben einfach Hoffnungen und Wünsche. Manchmal
muss man die schon wieder ein wenig in den Rahmen der Realität rücken. Aber
Wunder erwartet eigentlich niemand. Es ist einfach viel Aufklärungsarbeit nötig.
Trisomie 21 ist lebensbegleitend. Es existiert keine
medizinische Massnahme zur Heilung.
Wie hat
sich Ihr persönlicher Blick auf Trisomie 21 verändert, seit Sie so viele Fälle
sehen?
Die Sprechstunde zeigt mir immer wieder sehr eindringlich,
wie man mit einer Krankheit umgehen kann und was Eltern von betroffenen Kindern
tagtäglich leisten. Gleichzeitig sehe ich auch die vielen Hürden, die
Nicht-Betroffene diesen Familien in den Weg stellen. Gerade auch bei
Versicherungsfragen und administrativen Belangen. Vieles ist schlicht nicht auf
Menschen ausgerichtet, die nicht der vermeintlichen «Normalität» entsprechen.
Wer in einem Bereich arbeitet wie ich, der hat sehr bald einen andere
Perspektive, was «normal» ist und was nicht.
Wie ist die Bilanz nach knapp zwei Jahren
Sprechstunde?
Wir haben sehr dankbare Eltern,
ausnahmslos tolle Begegnung in der Sprechstunde und die Rückmeldung, dass
Betroffene endlich auch in der Schweiz wahrgenommen würden. Das wichtigste Ziel
ist damit aus meiner Sicht bereits erreicht.
Und was soll die Zukunft noch bringen?
Schön wäre es, wenn unsere
Arbeit auch die Erwachsenenmediziner*innen noch mehr sensibilisiert. Menschen
mit Trisomie 21 stellen eine ganze Patientengruppe dar, die im Erwachsenenalter
unterversorgt ist. Es fehlen Angebote, die Kinder und Jugendliche mit Trisomie
21 ins Erwachsenenalter begleiten. Da würde ich gern mitwirken, dass zwischen
Kinder- und Erwachsenenmedizin auch in diesem Bereich eine engere Kooperation entsteht und eine
professionelle Transition etabliert werden kann.
Dr. med. Mark Brotzmann behandelt als Entwicklungspädiater motorisch oder sprachlich eingeschränkte Kinder. Gemeinsam mit Prof. Peter Weber, Leiter der Neuropädiatrie am UKBB, hat er 2019 die Sprechstunde für Trisomie 21 ins Leben gerufen. Betroffene Familien finden hier eine ganzheitliche Betreuung von hochspezialisierter Medizin bis zu lebensnahen Tipps für den Alltag.
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Basel, Spitalstrasse 33
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